Theologie und Umwelt: Religion und Ökologie in einem komplexen Beziehungsgefüge

Die Theologie beschäftigt sich grundsätzlich mit derselben Welt wie auch die Natur- und Umweltwissenschaften. Allerdings betrachtet sie die Welt nicht isoliert für sich, sondern als Teil eines komplexen Beziehungsgefüges zwischen Mensch, Natur und Gott.

Insbesondere geht es der Theologie darum, das vielschichtige und ambivalente Verhältnis von Mensch und Natur vor dem Hintergrund religiöser Deutungen zu erfassen und zu reflektieren. Weder eine Sakralisierung oder Vergöttlichung der Natur noch ein rein materialistischer Reduktionismus werden dabei als angemessen erachtet.

Bibelwissenschaftliche und historische Theologie analysieren religiöse Naturdeutungen und das Gott-Mensch-Natur-Verhältnis vor allem in ihrem jeweils historischen Kontext. Demgegenüber bezieht die Systematische Theologie sowie die Theologische Ethik Fragen der aktuellen Welt- und Naturverhältnisse und damit zusammenhängende ethische Problemstellungen in die theologische Forschung ein.

Lynn White-Debatte: Christentum als Wurzel der Umweltkrise?

Insbesondere die Kontroverse um die sog. “Lynn White-These” hat seit den 1960er Jahren die Beschäftigung der Theologie mit Umweltfragen stark geprägt: Der US-Wissenschaftshistoriker Lynn White Jr. führte in seinem bahnbrechenden Aufsatz “The Historical Roots of Our Ecologic Crisis” die abendländische Naturbeherrschung und Ausbeutung auf das Christentum zurück.

Nach White begünstige vor allem die biblische Aufforderung zur Herrschaft über die Erde sowie die betonte Sonderstellung des Menschen kraft seiner Gottebenbildlichkeit eine instrumentelle Haltung gegenüber der Natur. Auch wenn Whites Analyse mittlerweile vielfach differenziert und kritisiert wurde, gibt sie doch wichtige Impulse für eine kritische Reflexion der jüdisch-christlichen Traditionsbestände.

Bibel und Kirchengeschichte: Wechselnde Naturkonzepte und -deutungen

Sowohl das Alte Testament als auch die jüdische und christliche Traditions- und Kirchengeschichte weisen sehr unterschiedliche Naturverständnisse und -deutungen auf. Eine klare begriffliche Unterscheidung von “Natur” und “Kultur” bzw. “Schöpfung” und “Geschöpften” findet sich nicht. Vielmehr dominiert die Vorstellung einer wechselseitigen Durchdringung und Abhängigkeit von Gott, Mensch und Natur.

In der Hebräischen Bibel beispielsweise gibt es kein dem griechischen φύσις entsprechendes Konzept und Wort für “Natur”. Stattdessen finden sich eine Fülle ganz unterschiedlicher Verben, die den Schöpfungsprozess zum Ausdruck bringen. Naturerfahrung ist hier zudem eng verwoben mit Hoffnungen und Befürchtungen, Segen und Fluch. In der alttestamentlichen Prophetie etwa werden Naturkatastrophen unmittelbar auf menschliche Schuld und gescheiterte Beziehungen zurückgeführt.

Erst in nachbiblischer Zeit setzt mit zunehmender Ablösung des Polytheismus durch den Monotheismus auch eine stärkere begriffliche Differenzierung von Schöpfer und Schöpfung ein. Dennoch bleibt die grundsätzliche Angewiesenheit von Gott und Welt aufeinander gewahrt.

Aktuelle systematisch-theologische Perspektiven auf die Natur

In Reaktion auf die Debatte um Lynn Whites These unternimmt die neuere systematische Theologie verstärkt den Versuch, das Verhältnis von Gott, Mensch und Natur unter veränderten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen zu bestimmen.

Dabei werden Modelle eines gemäßigten Anthropozentrismus ebenso diskutiert wie biozentrische oder holistische Ansätze, die der Natur einen Eigenwert zuerkennen. Gemeinsam ist diesen Positionen die Infragestellung einer dualistischen Entgegensetzung von Schöpfer und Schöpfung sowie von Mensch und Natur. Stattdessen betonen sie die grundsätzliche Angewiesenheit und wechselseitige Durchdringung aller Seinsbereiche.  

Besonders prominent ist hier Jürgen Moltmanns pneumatologische Schöpfungslehre. In ihr sind Gott und Welt durch den Heiligen Geist auf eine Weise miteinander verbunden, die Moltmann mit dem Begriff des Panentheismus kennzeichnet: Gott ist danach in allem Geschaffenen gegenwärtig, ohne sich dabei erschöpfend in ihm auszudrücken.  

Theologische Perspektiven für die Umweltethik

Für die Beurteilung ethischer Fragen im Umgang von Mensch und Natur erweisen sich aus theologischer Sicht mehrere Gesichtspunkte als folgenreich: Zum einen das Bewusstsein der Endlichkeit und Fehlbarkeit alles Geschaffenen angesichts eines unverfügbaren schöpferischen Grundes. Die Natur und mit ihr der Mensch sind verletzlich und unvollkommen und daher auf Fürsorge und Verantwortung angewiesen.

Demgegenüber steht zum anderen die grundsätzliche Angewiesenheit des Menschen auf die Natur sowie seine Eingebundenheit in planetare Ökosysteme und Stoffkreisläufe. Die Theologie betont somit gleichermaßen Abhängigkeit und Verantwortlichkeit des Menschen gegenüber seiner Umwelt.

Schließlich eröffnet der Horizont eschatologischer Hoffnung auf eine zukünftige neue Schöpfung einen Raum, in dem selbst angesichts prekärer Gegenwartsverhältnisse sinnstiftendes und verantwortliches Handeln möglich bleibt.

Die Aufgabe der Theologie besteht demnach weniger darin, verbindliche Handlungsanweisungen zu geben. Vielmehr geht es ihr um eine standortgebundene Reflexion der vielschichtigen Beziehungen zwischen Gott und Welt unter Einbeziehung ihrer langen Deutungstradition. Damit kann sie einen Beitrag leisten zur Vertiefung des westlich-modernen Naturverständnisses.

Fazit: Die Theologie als Ergänzung der Naturwissenschaften

Indem die Theologie die Natur als Teil eines umfassenden Beziehungsgefüges deutet, ergänzt und erweitert sie naturwissenschaftliche Beschreibungsmodelle. Weder eine Undifferenziertheit zwischen Gott und Welt noch eine Entgegensetzung von Kultur und Natur werden dabei als angemessen erachtet.

Stattdessen zielt die Theologie auf ein vertieftes Verständnis der komplexen Wechselbezüge zwischen Gott, Mensch und Natur in ihren religiösen Traditionen und Bedeutungszusammenhängen. Damit kann sie wertvolle Impulse geben für eine reflektierte, verantwortungsbewusste und zukunftsoffene Kultur des Umgangs mit der Natur.

Literatur

Arndt, Megan/ Kipfer, Sara/ Moos, Thorsten/ Bender, Lisa (2023): Theologie. In: Umwelt interdisziplinär, Bd. 1. Heidelberg, Universitätsbibliothek 2023. https://doi.org/10.11588/heidok.00032132
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