New Work im Krankenhaus: Wie Pflegekräfte gewonnen und gebunden werden können

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist in Deutschland seit vielen Jahren ein großes Thema. Viele Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen haben erhebliche Schwierigkeiten, genügend qualifiziertes Pflegepersonal zu finden und langfristig zu binden. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Pflegekräften aufgrund der alternden Gesellschaft kontinuierlich an. Schätzungen zufolge fehlen bis 2030 über 150.000 Pflegefachpersonen in Deutschland.

Fachkräftemangel in der Pflege als große Herausforderung

Diese Entwicklung hat vielfältige Gründe. Zum einen verlassen viele Pflegekräfte den Beruf vorzeitig aufgrund der hohen physischen und psychischen Belastung sowie der schlechten Arbeitsbedingungen. Dazu gehören Schichtdienste, Personalmangel und Zeitdruck. Auch die vergleichsweise niedrige Bezahlung trägt zum Negativ-Image des Pflegeberufs bei. Zum anderen gibt es zu wenig Nachwuchs. Viele Schulabgänger entscheiden sich aufgrund der problematischen Arbeitssituation gegen eine Ausbildung in der Pflege.

Um diesem Teufelskreis entgegenzuwirken, sind dringend neue Konzepte und Ansätze für die Personalgewinnung und -bindung im Pflegebereich erforderlich. Die Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet werden, dass die Zufriedenheit der Beschäftigten steigt und der Pflegeberuf attraktiver wird.

Neues Führungskonzept am LWL-Klinikum Gütersloh

Ein Beispiel für einen Erfolg versprechenden Ansatz ist das Konzept “New Work”, das seit 2020 am LWL-Klinikum Gütersloh umgesetzt wird. Die Pflegedirektoren Michael Löhr und Michael Schulz etablierten dort in enger Abstimmung mit der Klinikleitung einen neuen Führungsstil in der Pflege, der die Arbeitsprozesse und -bedingungen spürbar verbessert hat.

In ihrem Fachartikel “New Work im Krankenhaus” in der Zeitschrift “HEILBERUFE” stellen Löhr und Schulz das sogenannte “Gütersloher Modell” vor. Dieses zeigt, wie durch moderne Führungsprinzipien und unter Einbindung der Beschäftigten der Pflegeberuf attraktiver gestaltet und so dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann.

Hintergründe zum Gütersloher Modell

Das Gütersloher Modell fußt auf dem “New Work”-Ansatz des amerikanischen Philosophen Frithjof Bergmann aus den 1960er Jahren. New Work steht für eine Demokratisierung und Selbstorganisation von Arbeit. Bergmann war der Ansicht, dass Arbeit so gestaltet sein sollte, dass die Menschen das tun können, was sie wirklich wollen.

Am LWL-Klinikum Gütersloh übertrugen Löhr und Schulz diese Philosophie konsequent auf die Pflege. Ihr Ziel war es, die Zufriedenheit der Pflegekräfte zu erhöhen und dadurch die Patientenversorgung zu verbessern. Denn zufriedene Mitarbeiter führen auch zu besseren Behandlungsergebnissen.

Die beiden Pflegedirektoren entwickelten das Gütersloher Modell gemeinsam mit den Stations- und Bereichsleitungen sowie den Pflegekräften vor Ort. So sollte sichergestellt werden, dass die getroffenen Maßnahmen den tatsächlichen Bedürfnissen der Beschäftigten entsprechen. Im Folgenden werden die Eckpfeiler des Modells vorgestellt.

Vier zentrale Bausteine des Gütersloher Modells

1. Empowerment der Stationsleitungen

Ein erster wichtiger Baustein war die Stärkung und Ermächtigung (Empowerment) der Stationsleitungen. Dazu wurden bestehende Hierarchien in der Pflege abgebaut und Kompetenzen auf die Leitungsebene verlagert.

Die Stationsleitungen erhielten weitreichende Entscheidungsfreiheiten, zum Beispiel bei Neueinstellungen oder dem Einsatz von Personal. Auch das Ausfallmanagement obliegt seitdem allein den Stationsleitungen. Sie können nun eigenverantwortlich und schnell auf Personalengpässe reagieren.

Durch dieses Empowerment übernahmen die Stationsleitungen eine zentrale Rolle im Klinikalltag. Sie sind seitdem die “Motoren” für eine gute und effiziente Organisation des Stationsbetriebs.

2. Autonome Arbeitsgestaltung

Ein zweiter Baustein des Gütersloher Modells ist die autonome Gestaltung der Arbeitsprozesse durch die Pflegekräfte selbst. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden seitdem viel stärker in Veränderungsprozesse eingebunden. Ihre Erfahrung und Expertise fließt unmittelbar in die Optimierung der Arbeitsabläufe ein.

Zudem können die Pflegekräfte ihre Arbeitszeiten und Dienstpläne eigenverantwortlicher gestalten. In Absprache mit den Stationsleitungen erstellen sie die Dienstpläne selber. Dadurch lassen sich Beruf und Familie besser vereinbaren, was die Attraktivität des Pflegeberufs erhöht.

3. Karrieremodelle in der Patientenversorgung

Ein weiterer Eckpfeiler des Gütersloher Modells ist die Schaffung neuer Karrieremodelle für Pflegekräfte in der direkten Patientenversorgung. Denn viele Fachkräfte wünschen sich berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, ohne den engen Kontakt zu den Patienten aufgeben zu müssen.

Daher wurden am LWL-Klinikum Gütersloh beispielsweise die Rollen von Pflegeexpertinnen und -experten sowie Advanced Practice Nurses (APN) auf den Stationen eingeführt. Diese Stellen ermöglichen Karriereschritte durch zusätzliche Qualifikationen wie Bachelor- oder Masterabschlüsse.

4. Fokus auf Aus- und Weiterbildung

Der vierte Baustein des Gütersloher Modells ist eine konsequente Stärkung von Aus- und Weiterbildung in der Pflege. So wurde die praktische Ausbildung durch fest angestellte Praxisanleiterinnen und -anleiter deutlich professionalisiert.

Jede Auszubildende bzw. jeder Auszubildende erhält eine feste Bezugsperson, die die gesamte Ausbildungszeit über erhalten bleibt. Das senkt die Abbrecherquote und erhöht die Qualität der Ausbildung. Auch Fort- und Weiterbildungen bis hin zu Pflegestudiengängen werden unterstützt.

Durch diese Bildungsoffensive steigt die Expertise der Pflegekräfte kontinuierlich. Das wirkt sich positiv auf die Versorgungsqualität aus.

Positive Effekte des Gütersloher Modells

Die beschriebenen Maßnahmen des Gütersloher Modells zeigen in der Umsetzung am LWL-Klinikum Gütersloh deutliche positive Auswirkungen:

  • Mehr Neueinstellungen: In den letzten Jahren konnten über 50 zusätzliche Vollzeitstellen in der Pflege besetzt werden. Damit wurden die Personalschlüssel eingehalten.
  • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit: Befragungen zeigen eine sehr hohe Arbeitszufriedenheit unter den Pflegekräften in zentralen Bereichen wie Verantwortlichkeit, Weiterentwicklung oder Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
  • Niedrige Azubi-Abbruchquote: Die Abbruchquote in der Pflegeausbildung konnte auf nur 12,9 % gesenkt werden. Im Bundesdurchschnitt brechen ca. 30 % ihre Ausbildung ab.
  • Mehr Qualifizierung: Rund 20 Pflegeexpertinnen und -experten wurden eingestellt. Auch drei Stellen für Advanced Practice Nurses wurden geschaffen. Zudem wurden zahlreiche Pflegestudiengänge bis hin zu Promotionen unterstützt.

 

In Summe verdeutlichen diese Kennzahlen, dass durch neue Führungskonzepte, die auf die Bedürfnisse der Pflegekräfte eingehen, der Beruf wesentlich attraktiver gestaltet werden kann. Die Personalgewinnung und -bindung wird so nachhaltig verbessert.

Fazit: „New Work“ als vielversprechendes Konzept gegen den Pflegekräftemangel

Das Gütersloher Modell liefert ein praxisnahes und überzeugendes Beispiel, wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dem grassierenden Fachkräftemangel durch moderne Personalpolitik entgegenwirken können. Es zeigt eindrücklich, dass neue Führungskonzepte wie „New Work“, die auf eine demokratische Arbeitsorganisation und intelligente Mitarbeiterführung setzen, enorme Verbesserungen bewirken.

Indem die Arbeitsbedingungen und Entwicklungschancen spürbar gesteigert werden, lässt sich die Attraktivität des Pflegeberufs nachhaltig erhöhen. Statt sich nur auf die Personalgewinnung zu fokussieren, müssen also zunächst die Strukturen und die Unternehmenskultur stimmen. Nur zufriedene und engagierte Pflegekräfte werden ihren Beruf dauerhaft und motiviert ausüben und so die pflegerische Versorgungsqualität hochhalten.

Das Gütersloher Modell sollte daher als Blaupause für andere Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dienen. New Work hat das Potenzial, die Personalsituation in der Pflegebranche langfristig zu entspannen. Sowohl für Beschäftigte als auch Patienten wäre dies ein enormer Gewinn.

Literatur

Löhr, M. & Schulz, M. (2023): New Work im Krankenhaus. Heilberufe, Ausgabe 9/2023. https://www.springermedizin.de/new-work-im-krankenhaus/25986060

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