Künstliche Intelligenz (KI) nimmt in vielen Bereichen des Lebens eine immer wichtigere Rolle ein und auch in der Bildung ist sie auf dem Vormarsch. William Hersh, M.D., Professor für medizinische Informatik an der Oregon Health & Science University (OHSU), führte kürzlich ein Experiment durch, bei dem er die Leistung von KI-Modellen wie ChatGPT mit seinen Studierenden verglich. Das Ergebnis: In einem Kurs zur biomedizinischen Informatik schnitten die KI-Modelle besser ab als bis zu 75 % der Studierenden. Diese Erkenntnisse werfen wichtige Fragen über die Zukunft der medizinischen Ausbildung auf.
Wie sich KI in der medizinischen Ausbildung bewährt
In seinem Experiment testete Hersh sechs verschiedene generative, große Sprachmodelle (LLMs), darunter auch ChatGPT, in einer Online-Version seines Einführungskurses zur biomedizinischen Informatik und Gesundheitsinformatik. Die KI-Modelle wurden mit denselben Prüfungsfragen konfrontiert wie die Studierenden und erzielten in den Multiple-Choice-Tests-Ergebnisse im 50. bis 75. Perzentil. Diese Ergebnisse zeigen, dass KI in reinen Wissenskursen bereits jetzt eine leistungsfähige Alternative oder Ergänzung zur menschlichen Leistung darstellt.
Beispiel: KI in der Prüfungsvorbereitung
Ein einfaches Beispiel für den Einsatz von KI in der Ausbildung ist die Nutzung von ChatGPT zur Prüfungsvorbereitung. Ein Medizinstudent könnte das Modell nutzen, um schnell Zusammenfassungen von komplexen medizinischen Themen zu erstellen oder um Verständnisfragen zu stellen. KI bietet den Vorteil, jederzeit zugänglich zu sein und umfangreiches Wissen schnell bereitzustellen. Dabei ersetzt sie jedoch nicht die Notwendigkeit, komplexe Probleme selbst zu durchdenken und zu lösen.
Chancen und Risiken des KI-Einsatzes
Die Studie von Hersh zeigt, dass KI-Modelle wie ChatGPT große Chancen für die medizinische Ausbildung bieten. Sie können Studierende beim Lernen unterstützen, indem sie Wissen schnell und effizient bereitstellen. Doch die Forscher warnen auch vor Risiken. Eine zu starke Abhängigkeit von KI könnte dazu führen, dass Studierende weniger selbstständig lernen und sich zu sehr auf die Technologie verlassen.
Ein weiteres Problem ist, dass KI-Modelle nicht immer auf dem neuesten Stand sind. In einem sich ständig weiterentwickelnden Feld wie der Medizin, in dem fortlaufend neue Entdeckungen und Forschungsergebnisse erzielt werden, könnten veraltete Informationen die Entscheidungsfindung negativ beeinflussen.
KI in der medizinischen Ausbildung und im Studium
Für Studierende in der medizinischen Informatik und anderen Gesundheitsbereichen bietet die Nutzung von KI spannende Möglichkeiten. So könnten Studierende untersuchen, wie KI-Modelle dazu beitragen können, den Lernprozess zu verbessern und Prüfungsleistungen zu steigern. Ein Studienprojekt könnte beispielsweise die Effektivität von KI-gestütztem Lernen mit traditioneller Lernmethoden vergleichen, um herauszufinden, welche Vorteile und Nachteile sich daraus ergeben.
Ein einfaches Beispiel könnte eine Fallstudie sein, in der Studierende ChatGPT verwenden, um Diagnosen zu simulieren und zu überprüfen, wie gut das KI-Modell im Vergleich zu traditionellen medizinischen Entscheidungshilfen abschneidet.
KI als Thema in Bachelor- und Masterarbeiten
Der Einsatz von KI in der medizinischen Ausbildung bietet viele interessante Forschungsfragen für Abschlussarbeiten. Eine Bachelorarbeit könnte sich mit der Frage beschäftigen, wie KI-Modelle die Lernmotivation und das Selbstvertrauen von Medizinstudierenden beeinflussen. Dabei könnte untersucht werden, ob Studierende, die regelmäßig KI-Modelle verwenden, ihre Lernziele besser erreichen oder ob sie sich auf die Technologie verlassen, ohne tiefergehende Kenntnisse zu erlangen.
Eine Masterarbeit könnte sich mit der Implementierung von KI in Prüfungen beschäftigen. Wie könnten Prüfungen gestaltet werden, um sicherzustellen, dass KI-Modelle wie ChatGPT nicht zum Schummeln verwendet werden? Diese Arbeiten könnten zu neuen Ansätzen in der Gestaltung von Prüfungsaufgaben führen, bei denen das reine Abfragen von Wissen durch komplexe, praxisorientierte Fragestellungen ersetzt wird.
Die Zukunft der medizinischen Ausbildung
Hersh betont, dass die Einführung von KI in der Bildung nicht die Notwendigkeit menschlicher Expertise ersetzt. Insbesondere in der Medizin, wo oft komplexe Entscheidungen und Urteilsvermögen erforderlich sind, wird die „menschliche Note“ weiterhin entscheidend sein. KI-Modelle können zwar Fakten und Daten schnell bereitstellen, doch wenn es darum geht, schwierige Entscheidungen zu treffen oder ungewöhnliche Fälle zu beurteilen, bleibt die menschliche Erfahrung unverzichtbar.
Dennoch erkennt Hersh Potenzial, KI als unterstützendes Tool zu nutzen. Insbesondere in einem akademischen Umfeld wie der OHSU, das sich der Ausbildung von Fachkräften im Gesundheitswesen verschrieben hat, könnten KI-Modelle helfen, Informationen effizienter zu nutzen und zu verstehen. Trotzdem stellt sich die Frage, wie sich Prüfungen und Lernmethoden weiterentwickeln müssen, um sicherzustellen, dass Studierende auch in einer zunehmend von KI geprägten Welt das nötige Wissen und die Fähigkeiten erwerben.
Literatur:
Oregon Health & Science University. (2024, September 16). Researchers test ChatGPT, other AI models against real-world students. ScienceDaily. Retrieved September 24, 2024 from www.sciencedaily.com/releases/2024/09/240916153435.htm