Der Autor Horst Kahrs analysiert in dem Artikel “Was heißt »linke Politik« und was wird aus ihr?” die Bedeutung und Zukunft linker Politik. Er skizziert zunächst die Grundwerte und Ziele linker Politik wie Gleichheit, Demokratie und Solidarität. Dann diskutiert er die zwei zentralen Herausforderungen Migration, Identität und Klimawandel, mit denen sich linke Politik auseinandersetzen muss. Abschließend plädiert Kahrs für eine “politische Ökonomie der Arbeit” als Leitbild linker Politik und für pragmatischen Radikalismus angesichts der Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus
Grundwerte und Normen linker Politik
Nach Kahrs zeichnet sich linke Politik durch bestimmte Grundwerte wie Gleichheit, Demokratie, Freiheit und Solidarität aus. Sie orientiert sich am Ideal einer egalitären, horizontalen Gesellschaftsordnung. Im Zentrum steht dabei das Streben nach universeller Gleichheit und gleichem Zugang aller Menschen zu den Mitteln für ein selbstbestimmtes Leben ohne Not und in Würde. Die Grenzen der eigenen Freiheit sieht linke Politik dabei in der Freiheit des Anderen.
Linke Politik ist zudem untrennbar mit Demokratie verbunden, die über parlamentarische Kontrolle hinausgeht. Gemeint ist eine demokratische Gesellschaft, in der alle Bürger gleiche Teilhabechancen haben und Entscheidungen beeinflussen können, die ihr Leben betreffen. Dazu gehört auch die Demokratisierung der Wirtschaft.
Die zwei zentralen Herausforderungen
Laut Kahrs stehen linke Politik aktuell vor zwei großen Herausforderungen:
Migration, Identität und gesellschaftliche Konflikte
Globale Migration schafft Verteilungskonflikte innerhalb der Nationalstaaten, die sich nicht mehr klar einer Links-Rechts-Logik zuordnen lassen. Stattdessen durchziehen sie alle sozialen Milieus (Stichwort: Identität). Die autoritäre Rechte hat es in den letzten Jahren geschafft, aus dieser Gemengelage politisches Kapital zu schlagen.
Klimawandel und Ökologie
Der menschengemachte Klimawandel bedroht die Lebensgrundlagen künftiger Generationen. Linke Politik steht hier vor der Aufgabe, sozial gerechte Lösungen für die notwendige ökologische Transformation der Wirtschaft zu entwickeln.
Politische Ökonomie der Arbeit als Leitbild
Als Leitbild für die Zukunft schlägt Kahrs eine „politische Ökonomie der Arbeit“ vor: An die Stelle der auf Profitmaximierung und Mehrwert ausgerichteten kapitalistischen Ökonomie soll das Ziel treten, die sozialen und materiellen Grundlagen für ein gutes, selbstbestimmtes Leben für alle Menschen zu schaffen – weltweit und über Generationen hinweg.
Die jüngsten Krisen hätten gezeigt, wie brüchig die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur sei. Linke Politik müsse hier für mehr Investitionen und Resilienz eintreten, damit die Menschen trotz zunehmender Extremwetterlagen und anderen Bedrohungen ein sicheres Alltagsleben führen können.
Pragmatischer Radikalismus
Angesichts der Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus plädiert Kahrs für einen „radikalen Pragmatismus“ linker Politik: Statt auf seine revolutionäre Überwindung zu hoffen, müsse man den Kapitalismus dazu zwingen, sich den Herausforderungen von Klimaschutz und Armutsbekämpfung zu stellen und sich entsprechend umzubauen.
Fazit
Nach Kahrs zeichnet sich linke Politik durch universelle Werte wie Gleichheit, Demokratie und Solidarität aus. Aktuell steht sie vor der Aufgabe, Antworten auf globale Migrationsbewegungen und Identitätsfragen sowie auf die ökologischen Probleme zu finden. Als Leitbild schlägt Kahrs eine auf soziale Gerechtigkeit und Teilhabe orientierte „politische Ökonomie der Arbeit“ vor. Angesichts der Wandlungsfähigkeit des Kapitalismus sollte linke Politik auf pragmatische Weise versuchen, ihn Schritt für Schritt in eine sozial-ökologische Richtung zu lenken.
Literatur:
und was wird aus ihr? In: J. Legrand et al. (Hrsg.), Transformation und Emanzipation. Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-39911-5_13