Eine häufig übersehene Komorbidität Schlafapnoe ist eine verbreitete, aber oft nicht diagnostizierte Schlafstörung, von der schätzungsweise 3-7% der erwachsenen Männer und 2-5% der Frauen betroffen sind. Die Schlafstörung geht mit wiederkehrenden Episoden von verminderter Atmung oder komplettem Atemaussetzen während des Schlafs einher. Dadurch kommt es zu einer Fragmentierung des Schlafes sowie einer verminderten Sauerstoffsättigung des Blutes. Schlafapnoe patienten leiden häufig unter exzessiver Tagesschläfrigkeit, Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen. Zudem haben sie ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall.
Eine neue Studie untersuchte nun die Prävalenz von Schlafapnoe bei stationären psychiatrischen Patienten in Deutschland. Psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie gehen selbst bereits mit Schlafstörungen einher. Gleichzeitig finden sich bei diesen Patienten jedoch auch gehäuft Risikofaktoren für Schlafapnoe wie Adipositas, Substanzkonsum oder die Einnahme sedierender Medikamente. Bisher wurde eine mögliche Komorbidität von Schlafapnoe und psychiatrischen Störungen kaum untersucht.
Studiendesign und Methode
Für die Studie wurden insgesamt 249 stationäre psychiatrische Patienten aus 11 Krankenhäusern in Deutschland und der Schweiz untersucht. Bei den Patienten handelte es sich überwiegend um Personen mit affektiven Störungen und Schizophrenie. Es wurden sowohl Männer als auch Frauen zwischen 18 und 65 Jahren in die Studie eingeschlossen. Personen mit akuter Suizidalität oder fehlender Einwilligungsfähigkeit wurden ausgeschlossen.
Bei allen Studienteilnehmern wurde mittels eines tragbaren Screeninggeräts (Polygraphie) während einer Nacht eine schlafmedizinische Untersuchung durchgeführt. Dabei wurden Atmung, Sauerstoffsättigung, Puls, Körperposition und Schnarchgeräusche aufgezeichnet. Anhand dieser Daten wurde für jeden Patienten der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) bestimmt. Dieser gibt die durchschnittliche Anzahl an Atmungsstörungen pro Stunde Schlafzeit an.
Zusätzlich wurden Größe, Gewicht und Bauchumfang der Patienten erfasst. Mittels Fragebögen wurden auch das Ausmaß der Tagesschläfrigkeit und die subjektiv empfundene Schlafqualität der letzten Wochen erhoben.
Hohe Prävalenz von Schlafapnoe
Insgesamt wiesen 23,7% der untersuchten psychiatrischen Patienten Hinweise auf eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe auf. Sie hatten entweder einen erhöhten AHI von über 15 Apnoe-Ereignissen pro Stunde oder zusätzlich zur Atmungsstörung auch eine deutliche Tagesschläfrigkeit.
Dies ist eine deutlich höhere Rate als in der Allgemeinbevölkerung. Hier liegt die Prävalenz einer klinisch relevanten Schlafapnoe nur bei etwa 3-7% der Männer und 2-5% der Frauen. Psychiatrische Patienten haben also unabhängig von ihrer Grunderkrankung ein mindestens 3-4 mal so hohes Risiko an Schlafapnoe zu leiden.
Männliches Geschlecht, BMI und Alter als Risikofaktoren In der Studie wurden auch mögliche Risikofaktoren für das Vorliegen einer Schlafapnoe untersucht. Es zeigte sich, dass bei Männern die Wahrscheinlichkeit für eine Schlafapnoe fast 3 mal so hoch war wie bei Frauen. Auch ein erhöhter Body-Mass-Index und ein höheres Alter gingen mit einem signifikant häufigeren Auftreten der Schlafstörung einher. Im Mittel waren die Patienten mit Schlafapnoe 3 Jahre älter und hatten einen um 4 BMI-Punkte höheren Wert als die Kontrollgruppe.
Kein Einfluss auf subjektive Schlafqualität
Interessanterweise gab es jedoch keinen Unterschied in der selbst eingeschätzten Schlafqualität zwischen Patienten mit und ohne Schlafapnoe. Beide Gruppen beurteilten ihre Schlafqualität der letzten 4 Wochen als ähnlich schlecht.
Die Autoren erklären dies damit, dass bereits die vorliegende psychiatrische Erkrankung selbst ursächlich für die subjektiv schlechte Schlafqualität ist. Die zusätzlich vorliegende Atmungsstörung scheint keinen wesentlichen additiven Effekt zu haben.
Fazit
Zusammenfassend konnte die Studie erstmalig zeigen, dass Schlafapnoe eine wichtige Komorbidität bei psychiatrischen Patienten darstellt, die bislang möglicherweise unterschätzt wurde. Männliches Geschlecht, höheres Alter und Adipositas sind wichtige Risikofaktoren. Die Autoren schlussfolgern, dass eine sorgfältige Diagnostik von Schlafapnoe bei psychiatrischen Patienten wichtig wäre, um Langzeitfolgen wie Bluthochdruck und erhöhte kardiovaskuläre Risiken zu verhindern. Weitere Forschung ist nötig um zu klären, ob eine Behandlung der Schlafapnoe auch das Outcome der Grunderkrankung verbessern kann.
Literatur:Â
Pollmächer, Thomas (2023): Die Prävalenz schlafbezogener Atmungsstörungen bei stationären Patienten mit psychischen Erkrankungen. Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität zu München. https://edoc.ub.uni-muenchen.de/31410/1/Behr_Michael.pdf