Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Personalrekrutierung von Unternehmen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Diverse Technologien wie Machine Learning, Spracherkennung und Videoanalyse werden dabei genutzt, um den Rekrutierungsprozess effizienter und objektiver zu gestalten. Allerdings ist die Verwendung von KI im Recruiting auch umstritten, da algorithmische Entscheidungen ethische Risiken bergen können. Bisher gibt es kaum normative Analysen, ob und unter welchen Bedingungen der Einsatz von KI-Recruiting als ethisch vertretbar angesehen werden kann.
Definition von KI-Recruiting
Unter KI-Recruiting werden alle Verfahren und Tools verstanden, die KI-Technologien im Prozess der Personalgewinnung von der Ansprache bis zur Einstellung einsetzen. KI zeichnet sich durch die Fähigkeiten aus, externe Daten interpretieren zu können, daraus zu lernen und dieses erworbene Wissen flexibel zur Zielerreichung anzuwenden. Im Recruiting kann KI in verschiedenen Phasen zum Einsatz kommen:
Ansprache: Zielgerichtete Kommunikation über Online- und Social-Media-Kanäle, geschlechtsneutrale Formulierung von Stellenanzeigen
Vorauswahl: Algorithmische Sichtung eingehender Bewerbungen und Erstellung einer Shortlist geeigneter Kandidaten
Assessment: Auswertung von Videointerviews, Persönlichkeits- und Kompetenzdiagnostik durch KI-gestützte Tests
Prozessunterstützung: Terminplanung und Kommunikation mit Bewerbern, z.B. durch Chatbots
Große Unternehmen wie Vodafone, KPMG oder Unilever nutzen KI-Recruiting bereits, um die großen Bewerberzahlen effizient zu handhaben. Die akademische Auseinandersetzung mit KI-Recruiting hat ebenfalls zugenommen, wobei technische und empirische Arbeiten dominieren.
Normative Grundlage: Menschenrechte und KI-Recruiting
Als normative Grundlage für die ethische Bewertung von KI-Recruiting wird die Menschenrechtsdebatte herangezogen. Menschenrechte sind international anerkannt und werden zunehmend auch für Unternehmen relevant. Sie stellen umfassende aber auch kulturspezifisch sensitive Kriterien für ethisches Verhalten dar.
Die Debatte um Wirtschaft und Menschenrechte zeigt, dass nicht nur Staaten sondern auch Unternehmen menschenrechtliche Verantwortlichkeiten haben. Dies wird in den UN Guiding Principles on Business and Human Rights betont. Für das Recruiting sind dabei Rechte wie Berufsfreiheit, Privatsphäre, Gleichbehandlung und Menschenwürde relevant, die Grenzen für unternehmerisches Handeln setzen.
KI birgt durch Eigenschaften wie den Datenzugriff oder die Undurchsichtigkeit von Entscheidungen Risiken für Menschenrechte. Die AI-Ethik-Debatte hat daher Prinzipien wie Gerechtigkeit, Verständlichkeit und Privatheit für den KI-Einsatz formuliert.
Durch die Verknüpfung dieser Debatten lassen sich Implikationen speziell für KI-Recruiting ableiten, welche in den Prinzipien Validität, Autonomie, Nichtdiskriminierung, Privatsphäre und Transparenz zusammengefasst werden. Diese bilden die analytische Grundlage für die ethische Prüfung im nächsten Abschnitt.
Ethische Analyse: Ist KI-Recruiting per se unethisch?
Die Effizienz von KI-Recruiting ist unbestritten. Kritiker merken jedoch an, dass KI keine Empathie besitzt und Kriterien wie Teamfähigkeit oder Motivation nicht erfassen kann. Zudem fehlt oft eine wissenschaftliche Validierung der KI-Tools. Allerdings hängt die Validität von den konkreten Einsatzbereichen ab. Für objektiv messbare Kriterien kann KI durchaus valide Entscheidungen treffen. Mit Qualitätskontrollen und der Beschränkung auf geeignete Einsatzfelder ist KI-Recruiting nicht inhärent invalide.
Validität
Die Effizienz von KI-Recruiting ist unbestritten. Kritiker merken jedoch an, dass KI keine Empathie besitzt und Kriterien wie Teamfähigkeit oder Motivation nicht erfassen kann. Zudem fehlt oft eine wissenschaftliche Validierung der KI-Tools. Allerdings hängt die Validität von den konkreten Einsatzbereichen ab. Für objektiv messbare Kriterien kann KI durchaus valide Entscheidungen treffen. Mit Qualitätskontrollen und der Beschränkung auf geeignete Einsatzfelder ist KI-Recruiting nicht inhärent invalide.
Autonomie
KI könnte menschliche Entscheidungen ersetzen und die Kontrolle durch Personaler reduzieren. Bei sinnvoller Einbindung als unterstützendes Tool müssen KI-Entscheidungen aber nicht die Autonomie verletzen. Die Interaktion zwischen Bewerbern und Recruitern sollte erhalten bleiben, um eine Entmenschlichung zu verhindern. Letztendliche Personalentscheidungen sollten bei den Recruitern verbleiben.
Nichtdiskriminierung
Historische Datensätze können Verzerrungen enthalten, die von KI übernommen werden. Allerdings ist KI nicht inhärent rassistisch, sondern folgt der Programmierung. Im Vergleich zu menschlichen Bewertungen kann KI Bias sogar reduzieren. Durch Qualitätssicherung, Einbezug von Minderheiten und diverse Entwicklungsteams lässt sich Diskriminierung vermeiden.
Privatsphäre
KI ermöglicht Zugang zu mehr persönlichen Daten, z.B. durch Gesichtserkennung. Unternehmen müssen aber selbst festlegen, welche Daten genutzt werden. Bei Einwilligung und Datensparsamkeit ist Privatsphäre gewahrt.
Transparenz
KI-Entscheidungen sind oft nicht vollständig nachvollziehbar. Grundsätzliche Kriterien und Mechanismen sollten aber offengelegt werden. Maximale Komplexität erschwert dies, eine umsichtige Gestaltung kann Transparenz jedoch ermöglichen.
Implikationen und Verantwortung für Organisationen
Für einen ethischen Einsatz von KI-Recruiting müssen Unternehmen verschiedene Implikationen beachten. KI sollte den Menschen unterstützen, nicht ersetzen. Personaler benötigen Schulungen, um KI-Empfehlungen kritisch interpretieren zu können. Es braucht Qualitätssicherung, Audits bezüglich Diskriminierung und Maßnahmen für Datenschutz. Transparenz sollte durch Offenlegung von Kriterien und regelmäßige Berichte geschaffen werden. Ziel sollte sein, KI so zu gestalten, dass sie Chancengerechtigkeit und Inklusion fördert.
Die menschenrechtliche Analyse kommt zu dem Schluss, dass KI-Recruiting nicht per se unethisch ist. Die konkreten Risiken hängen von der Implementierung ab und müssen durch geeignete Maßnahmen adressiert werden. Unternehmen tragen hierfür die Verantwortung. Insgesamt zeigt sich, dass eine realistische Herangehensweise erforderlich ist. Strikte Menschenrechtsauslegungen sind mit technologischem Fortschritt kaum vereinbar. Ein pragmatischer Ansatz, der Menschendrechte und Ethik integriert, erscheint erfolgversprechender.
Literatur:
Hunkenschroer, Anna Lena/Alexander Kriebitz (2022): Is AI recruiting (un)ethical? A human rights perspective on the use of AI for hiring, in: AI and ethics, Springer Nature, Bd. 3, Nr. 1, S. 199–213, [online] doi:10.1007/s43681-022-00166-4.