Die digitale Medizin gewinnt im deutschen Gesundheitssystem zunehmend an Einfluss. Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie digitale Tools sogar während Zeiten sozialer Distanzierung die medizinische Versorgung ermöglichen können. Darüber hinaus erlauben digitale Elemente, eine effektive und leitliniengerechte Behandlung einer breiteren Gruppe von Patienten zugänglich zu machen, unabhängig von Ort und Zeit. Dies ist besonders für Schmerzpatienten relevant.
Umfrage erhebt Einstellung von Ärzten und Patienten
Diese Umfrage wurde durchgeführt, um die Einstellung von Mitgliedern der Deutschen Schmerzgesellschaft (Ärzte) und assoziierten Selbsthilfegruppen (Patienten) zur digitalen Medizin zu erheben. Sie wurde im September 2020 als Online-Umfrage an die Ärzte und im Februar 2021 an die Patienten verschickt. Die Umfrage bezog sich speziell auf die derzeitige Nutzung digitaler Tools, die generelle Einstellung zur digitalen Medizin, mögliche Bedenken bezüglich bestimmter digitaler Elemente sowie die generelle Technikaffinität der Teilnehmer. Insgesamt nahmen 250 Ärzte und 154 Patienten an der Umfrage teil.
Ergebnisse zeigen Offenheit und Bedenken
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass digitale Tools zwar schon bekannt sind, aber von vielen Ärzten noch nicht umfassend in der Praxis eingesetzt werden. Beide Gruppen erkennen das Potenzial der digitalen Medizin, wobei Patienten sie als noch nützlicher für ihre Versorgung ansehen als die Ärzte. In beiden Gruppen bestehen weiterhin Bedenken in Bezug auf Datenschutz und digitale Kompetenz. An digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) werden hohe Anforderungen hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Datenschutz gestellt. Patienten denken oft progressiver als Ärzte.
Digitale Elemente bekannt, aber selten genutzt
Die Umfrage zeigte, dass beide Gruppen moderat mit digitaler Medizin vertraut sind. Ärzte fühlen sich besser informiert als Patienten. Die Einstellung ist moderat positiv gegenüber Tools wie Telekonsultationen, DiGAs und klinischen Entscheidungshilfen. Die tatsächliche Nutzung bleibt jedoch gering bei Elementen wie Videosprechstunden, Telekonsilen, DiGAs und Entscheidungshilfen. Dies deutet auf eine Offenheit gegenüber digitaler Medizin hin, aber eine bisherige Zurückhaltung bei umfassender Anwendung.
Potenzial wird erkannt, besonders von Patienten
Bei der Bewertung des wahrgenommenen Nutzens bestimmter digitaler Tools gaben beide Gruppen überwiegend positive Einschätzungen bezüglich Elementen wie elektronische Patientenakten, Symptomtagebücher, Aktivitätstracker, Telekonsile, Kommunikationshilfen und DiGAs. Interessanterweise sahen Patienten Tools zur Wissensvermittlung, Dialogsysteme und Vernetzung zwischen Leistungserbringern als nützlicher an als die Ärzte. Dies zeigt, dass das Potenzial der digitalen Medizin erkannt wird, und zwar besonders von Patienten.
Bedenken bezüglich Datenschutz und Kompetenz
Beide Gruppen äußerten die größte Skepsis hinsichtlich unzureichender technischer Kompetenz der Patienten sowie Datenschutz- und Sicherheitsproblemen. Ärzte waren stärker besorgt als Patienten, dass digitale Tools die Arzt-Patienten-Beziehung negativ beeinflussen könnten. Bei den Ärzten kamen zusätzliche Bedenken bezüglich rechtlicher Haftung, sozialer Isolationsrisiken für Patienten und Vergütung digitaler Leistungen hinzu.
Hohe Erwartungen an digitale Gesundheitsanwendungen
Angesichts der Aktualität von DiGAs widmete die Umfrage der Einstellung zu digitalen Gesundheitsanwendungen besondere Aufmerksamkeit. Es zeigte sich, dass nur etwa die Hälfte der Ärzte und ein Drittel der Patienten wussten, dass DiGA-Verordnungen ab Herbst 2020 möglich sind. Beide Gruppen stellten hohe Anforderungen an DiGAs hinsichtlich nachgewiesener Wirksamkeit, Datenschutz, geringes Patientenrisiko, Einbindung von Experten bei der Entwicklung und nachvollziehbare Wirkungsweise.
Digitale Medizin wird zukünftige Erweiterung erwartet
Die Mehrheit beider Gruppen sieht digitale Tools innerhalb von 5 Jahren als eine wichtige Ergänzung im Gesundheitswesen. Über 70% der Ärzte gehen davon aus, dass die Digitalisierung innerhalb der nächsten 5 Jahre ihren Arbeitsalltag verändert haben wird.
Fazit: Integrationsprozess durchdacht gestalten
Zusammenfassend liefert diese Umfrage Einblicke in die Bedürfnisse und Sorgen von Ärzten und Patienten hinsichtlich digitaler Medizin. Sie zeigt grundsätzlich eine positive Einstellung, aber auch ausgeprägte Skepsis bezüglich Aspekten wie Datenschutz. Patienten erscheinen progressiver als die Leistungserbringer. Diese Erkenntnisse können helfen, die Einführung digitaler Tools im deutschen Gesundheitswesen durch politische Maßnahmen und Aufklärung bedacht zu gestalten. Dies würde allen Beteiligten zugutekommen und wird gerade von Patienten gewünscht.
Literatur:
Priebe, Janosch A./Stachwitz, Philipp/Hagen, Julia et al. (2023): Einstellung zur digitalen Medizin im Schmerzbereich. Schmerz, https://doi.org/10.1007/s00482-023-00708-7