Polizeigewalt: Wenn die Kontrolle problematisch wird

Die Polizei hat in Deutschland das staatliche Gewaltmonopol. Doch manchmal gerät die Kontrolle dieser Gewalt außer Kontrolle, wie eine neue Studie zeigt. Die Soziologen Swen Körner und Mario S. Staller von den Hochschulen in Köln und Aachen analysieren dabei auf beeindruckende Weise die strukturelle Gewaltanfälligkeit der Polizei.

Das Problem der Gewaltkontrolle

Laut Körner und Staller ist die Polizei als Organisation zur Kontrolle von Gewalt besonders anfällig für Gewalt. Denn die Polizei ist vom Staat dazu legitimiert, notfalls mit Gewalt für Ordnung zu sorgen. Das heißt, die Polizei muss immer damit rechnen, auf Ablehnung und Widerstand zu stoßen, auf den sie im Zweifel ebenfalls mit Gewalt reagiert.

Diese grundsätzliche Gewaltanfälligkeit der Polizei ist laut Körner und Staller schon auf der Ebene der “basalen Selbstreferenz” angelegt, also in der täglichen Polizeiarbeit. Denn das “Polizieren” als Kernaufgabe der Polizei beinhalte immer die Kontrolle der eigenen Handlungsmöglichkeiten – und dazu gehöre auch die Androhung und Anwendung von Gewalt.

Die Autoren analysieren das Polizieren als sozialen Vollzug, der sich in Interaktionen zwischen Polizisten und Bürgern vollzieht. Dabei komme es darauf an, kollektiv verbindliche Entscheidungen der Politik durchzusetzen – notfalls eben mit Gewalt. Die Paradoxie dabei: Die polizeiliche Verhinderung von Gewalt produziere bisweilen selbst Gewalt.

Denn laut Körner und Staller ist bereits in der polizeilichen Kernaufgabe das Potenzial angelegt, dass Aufforderungen der Polizei auf Ablehnung stoßen können. Dies könne auf Seiten der Polizei wiederum selbst zu Gewaltanwendung als “Resonanzverstärker” führen.

Auch die omnipräsente Dienstwaffe der Polizei erhöhe die Wahrscheinlichkeit von Gewalt. Denn laut Studien zum “weapons effect” würden bereits sichtbar getragene Waffen Aggressionen schüren und Gewalt wahrscheinlicher machen.

Reflexion verstärkt die Gewaltanfälligkeit

Auf der Ebene der “Reflexion”, also der polizeiinternen Selbstbeschreibung, werde diese Gewaltanfälligkeit noch verstärkt, so Körner und Staller. Denn in Leitbildern, Ausbildung und Statistiken der Polizei gelte die eigene Gewaltanwendung grundsätzlich als legitim. Gewalt erscheine immer als etwas, das von außen kommt.

So liege der Fokus zum Beispiel bei Statistiken zu Gewalt gegen Polizisten immer auf der vermeintlich zunehmenden äußeren Gefahr. Auch das Konzept der “Eigensicherung” als Leitbild der Polizei drehe sich vor allem um die Abwehr von Gefahren durch illegitime Gewalt von außen.

Laut den Autoren hat die Polizei in Deutschland damit ein “Zuviel von dieser Reflexion”. Die eindeutige Zuschreibung in gut und böse erhöhe paradoxerweise die Gewaltanfälligkeit, statt sie zu reduzieren.

Denn die grundsätzliche Rechtfertigung der eigenen Gewalt blende das Gewaltpotenzial der Polizei selbst aus. Diese polizeiliche Selbstbeschreibung sei also eine “Verdopplung ohne Original”, welche die Perspektive der Polizei absolut setze. Kritische Fremdbeschreibungen von Wissenschaft und Medien, die auch Probleme wie Racial Profiling benennen, würden dagegen oft ignoriert oder abgewehrt.

Problematische Kontrolle der Kontrolle

Auch auf der Ebene der “Reflexivität”, also der Kontrolle der Gewaltkontrolle, gibt es laut Studie Probleme. Es gebe zwar Mechanismen wie Beschwerdestellen, die sicherstellen sollen, dass die Polizeigewalt nicht eskaliert. Laut Körner und Staller greifen diese aber oft nicht.

Denn oft werde polizeiliches Fehlverhalten vertuscht, gerade um disziplinarischen Konsequenzen zu entgehen. Polizisten in der Ausbildung seien hier etwa von ihren Vorgesetzten abhängig und neigten deshalb dazu, Vorfälle zu verschweigen. Auch seien interne Ermittlungen oft ineffektiv.

Damit kontrolliere eine “dritte Ebene” die polizeiliche Gewaltkontrolle, indem Abweichungen unter den Teppich gekehrt werden. Die Autoren sprechen von “brauchbarer Illegalität”, die die vorgesehene Kontrolle unterlaufe.

Die reflexiven Mechanismen der Polizei immunisierten so gegen Kritik von außen, statt Polizeigewalt wirksam zu kontrollieren. Statt Lernen und Veränderung gehe es nur um Selbsterhalt mit allen Mitteln. Auch die Forschung habe es da schwer, wenn sie traditionelle Praktiken infrage stelle.

Mehr Kontingenzbeobachtung für Veränderung

Um diese problematische Gewaltanfälligkeit und Selbstimmunisierung der Polizei zu überwinden, fordern Körner und Staller mehr “Kontingenzbeobachtung” von außen. Vor allem die Wissenschaft könne der Polizei damit andere Perspektiven aufzeigen und Veränderungen anstoßen.

Denn bisher seien externe Beobachtungen für die Polizei nur schwer verdauliche Störungen, die kaum Wirkung zeigten. So würden Studien zu problematischen Aspekten wie Racial Profiling oder der Militarisierung der Polizei ignoriert.

Stattdessen müsse die Polizei lernen, externes Wissen zu integrieren und die eigene Ausbildung und Praxis kritisch zu reflektieren. Die Autoren betonen, dass eine Reform “von innen” kommen müsse. Die Polizei müsse Strukturen schaffen, die Kontingenzbeobachtung und Kritikfähigkeit systematisch ermöglichen.

Nur so könne die grundsätzliche Gewaltanfälligkeit reduziert und die Kontrolle der Polizeigewalt wirklich verbessert werden, schlussfolgern Körner und Staller. Ihre brillante Studie liefert damit wichtige Denkanstöße in der aktuellen Debatte um Polizeigewalt und -kontrolle.

Fazit

Die Studie zeigt eindrücklich: Die Gewaltanfälligkeit der Polizei ist strukturell angelegt. Interne Selbstbeschreibungen und Kontrollmechanismen verstärken das Problem eher, als es zu lösen. Um Polizeigewalt wirksam zu begrenzen, braucht es daher mehr externen Blick und Kritik – sowie die Bereitschaft der Polizei, diese zur Veränderung zu nutzen. Nur so kann die Kontrolle der Gewaltkontrolle wirklich gelingen. Die Analyse von Körner und Staller liefert einen wichtigen Beitrag, um dieses drängende Problem besser zu verstehen und anzugehen.

Literatur:

Körner, Swen & Staller, Mario S. (2023): Kontrolle der Kontrolle Systemtheoretische Überlegungen zur Gewalt im System der Polizei. Soziale Systeme. https://doi.org/10.1515/sosys-2022-0003

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