Eine neue Studie des ifo Instituts in Dresden befasst sich mit der interessanten Frage, inwiefern verzerrte Arbeitsmarkterwartungen die weiterhin bestehende Lohnlücke zwischen Ost- und Westdeutschland beeinflussen. Die Autoren Almut Balleer, Georg Duernecker, Susanne Forstner und Johannes Goensch griffen für ihre Analyse auf die reichhaltigen Daten des Sozio-oekonomischen Panels zurück. Anhand dieser Umfragedaten untersuchten sie die subjektiven Einschätzungen von Arbeitnehmern und Arbeitslosen hinsichtlich ihrer Arbeitsmarktchancen und verglichen diese mit den statistischen Wahrscheinlichkeiten.
Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitslose haben verzerrte Erwartungen
Besonders ausgeprägt sind die verzerrten Arbeitsmarkterwartungen in Ostdeutschland. Hier überschätzen die Arbeitnehmer das Risiko des Jobverlusts um rund 7 Prozentpunkte stärker als im Westen. Noch größer ist der Unterschied bei den Arbeitslosen. Die ostdeutschen Arbeitslosen sind beim Thema Jobchancen sogar um 11 Prozentpunkte weniger optimistisch als im Westen. Sie unterschätzen ihre Chance also stärker. Diese Unterschiede bleiben auch unter statistischer Kontrolle demografischer Faktoren und der Arbeitsmarktsituation bestehen.
Ostdeutsche haben besonders verzerrte Erwartungen
Besonders ausgeprägt sind die verzerrten Arbeitsmarkterwartungen in Ostdeutschland. Hier überschätzen die Arbeitnehmer das Risiko des Jobverlusts um rund 7 Prozentpunkte stärker als im Westen. Noch größer ist der Unterschied bei den Arbeitslosen. Die ostdeutschen Arbeitslosen sind beim Thema Jobchancen sogar um 11 Prozentpunkte weniger optimistisch als im Westen. Sie unterschätzen ihre Chance also stärker. Diese Unterschiede bleiben auch unter statistischer Kontrolle demografischer Faktoren und der Arbeitsmarktsituation bestehen.
Je pessimistischer, desto niedriger die Löhne
Die Studie zeigt, dass die Erwartungen der Menschen am deutschen Arbeitsmarkt systematisch verzerrt sind. Arbeitnehmer unterschätzen im Durchschnitt ihre Chance, den Job zu behalten, um etwa 6 Prozentpunkte. Sie sind also im Hinblick auf den Arbeitsplatzverlust deutlich pessimistischer als die Fakten es rechtfertigen. Umgekehrt sind Arbeitslose im Hinblick auf ihre Jobchancen optimistisch und überschätzen ihre Chance auf eine Stelle innerhalb von zwei Jahren um circa 8 Prozentpunkte. Diese Verzerrungen in beide Richtungen sind statistisch signifikant und zeigen sich robust in verschiedenen Teilgruppen der Erwerbsbevölkerung. Sowohl unter Arbeitnehmern als auch Arbeitslosen gibt es Optimisten und Pessimisten, allerdings überwiegen im Durchschnitt Pessimismus auf Seiten der Beschäftigten und Optimismus auf Seiten der Arbeitslosen.
Bis zu 5 Prozentpunkte des Lohngefälles sind erklärbar
Auf Basis dieser Zusammenhänge untersuchen die Forscher dann, wie groß der Einfluss der verzerrten Erwartungen auf die Lohnlücke zwischen Ost- und Westdeutschland ist. Ihre Schätzungen legen nahe, dass diese 3 bis 5 Prozentpunkte des Lohnunterschieds erklären kann. Wenn die Arbeitsmarkterwartungen in Ostdeutschland genauso verzerrt wären wie im Westen, würde die Lücke also spürbar kleiner ausfallen. Der höhere Pessimismus im Osten drückt die dortigen Löhne messbar.
Suchmodell liefert theoretische Erklärung
Die empirischen Zusammenhänge interpretieren die Autoren anhand eines theoretischen Modells der Arbeitsplatzsuche. Pessimistische Arbeitnehmer bewerten einen sicheren Job und die vermiedenen Suchkosten geringer, weil sie das Risiko des Verlusts überschätzen. Daher bekommen sie in Lohnverhandlungen weniger heraus. Optimistische Arbeitslose überschätzen umgekehrt die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und können so höhere Löhne und Reservationslöhne durchsetzen. Das Modell erklärt die gefundenen Effekte auf Löhne und Arbeitslosigkeit schlüssig.
Fazit: Psychologie hat großen Einfluss auf Löhne
Die ifo-Studie führt eindrucksvoll vor Augen, welch großen Einfluss die subjektiven Einschätzungen und Erwartungen der Menschen auf ihr Verhalten am Arbeitsmarkt und damit auf die resultierenden Löhne haben. Der Pessimismus in Ostdeutschland wirkt unmittelbar lohndrückend und erschwert die Angleichung der Löhne zwischen Ost und West. Die Psychologie der Arbeitsmarktteilnehmer verdient im wirtschaftspolitischen Diskurs daher mehr Beachtung. Gezielte Informationskampagnen könnten helfen, unrealistischen Erwartungen entgegenzuwirken.
Literatur:
Almut Balleer/ Georg Duernecker/ Susanne Forstner/ Johannes Goensch (2023): Wie verzerrte Arbeitsmarkterwartungen die Lohnlücke zwischen Ost- und Westdeutschland beeinflussen. ifo Dresden. Wie verzerrte Arbeitsmarkterwartungen die Lohnlücke zwischen Ost und Westdeutschland beeinflussen, (ifo.de)