“Planspiele” finden in einem interaktiven und simulierten Umfeld statt. Sie ermöglichen es den Teilnehmern, komplexe Prozesse und Systeme durch das Übernehmen verschiedener Rollen und das Treffen von Entscheidungen in einem kontrollierten Szenario zu erforschen und zu verstehen. Der Einsatz von Planspielen als innovative Lehrmethode an Hochschulen ist in den letzten Jahren stark gewachsen.
Dennoch mangelt es bislang an systematischen Studien, die die langfristige Wirksamkeit dieser Methode im Vergleich zu klassischen Lehrformaten wie Vorlesungen untersuchen. Ein Forscherteam der Evangelischen Hochschule Nürnberg ist dieser Frage in einer aufwendigen Längsschnittstudie nachgegangen und kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Planspiele sind der Vorlesung bei weitem überlegen, wenn es um nachhaltiges Lernen geht.
In ihrer Studie mit dem Titel “Nachhaltiger Kompetenzerwerb durch Planspiele? Eine Längsschnittstudie zum Vergleich mit Vorlesungen” zeigen die Autoren Robert Lohmann und Uwe Kranenpohl detailliert auf, wo die Stärken aber auch Schwächen des Lernens mit Planspielen liegen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren haben sie mit Studierenden der Sozialen Arbeit ein aufwendiges Planspiel zur Gesetzgebung in der Europäischen Union durchgeführt. Dieses Planspiel umfasste neben der aktiven Simulation auch Vorbereitungsmaterialien für die Teilnehmenden.
Aktives Lernen in der Praxis
Im Mittelpunkt ihrer Studie stand ein Planspiel zur Gesetzgebung in der Europäischen Union. Dieses simulierte in unterschiedlichen Rollen das Zusammenspiel der Organe der EU. Die Studierenden der Sozialen Arbeit schlüpften aktiv in diese Rollen. Um die Lerneffekte zu messen, wurden die Teilnehmenden zu drei Zeitpunkten befragt: Vor dem Planspiel, kurz danach und ein Jahr später. Der Fokus lag auf ihrem Wissensstand bezüglich der Planspielinhalte und Vorlesungsinhalte.
Nachhaltige Lerneffekte
Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Bei den Inhalten, die in der Vorlesung vermittelt wurden, war kaum ein Lerneffekt nachweisbar – auch nicht langfristig. Ganz anders sah es bei den Inhalten aus, die die Studierenden im Planspiel selbst erarbeiteten und anwendeten. Hier konnten die Forscher einen starken Wissenszuwachs messen, der auch ein Jahr später noch stabil war. Die aktive Auseinandersetzung mit dem Lernstoff scheint somit ein Schlüssel für nachhaltiges Lernen zu sein. Die Studie belegt, dass Planspiele die Lernenden aktivieren und so das Gelernte dauerhaft im Gedächtnis verankern.
Eigene Einschätzung der Teilnehmenden
Dieses zentrale Ergebnis deckt sich mit der Einschätzung der befragten Studierenden. In ihrer Selbsteinschätzung unmittelbar nach dem Planspiel gaben fast 90 Prozent an, dass die aktive Spielphase der beste Weg war, um die Inhalte zu verinnerlichen. Das passive Lesen von Texten war aus ihrer Sicht viel weniger hilfreich. Allerdings sahen die Studierenden kaum Auswirkungen der Planspielteilnahme auf ihr politisches Interesse oder Engagement. Hier scheinen die Effekte der Methode begrenzt zu sein.
Weitere Forschung notwendig
Die Forscher möchten ihre bahnbrechende Studie fortsetzen und die gewonnenen Daten weiter ausbauen. Die Langzeitanalyse hat eine gute Basis geschaffen, um Potenziale und Grenzen von Planspielen wissenschaftlich zu untersuchen. Weitere Erkenntnisse sind wichtig, um dieses didaktische Instrument optimal einsetzen zu können. Die innovative Lehrmethode Planspiel birgt noch viel unausgeschöpftes Potenzial.
Literatur:
Lohmann, J. R., & Kranenpohl, U. (2023). Learning by playing – wie Studierende spielerisch lernen. Eine Langzeitstudie über Planspiele. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 18(Sonderheft Planspiele), 113–133. https://doi.org/10.21240/zfhe/SH-PS/07