Ein Aufsatz von Möller und Giernalczyk beleuchtet eingehend die Veränderungen von Führungsaufgaben und -kompetenzen in agilen Unternehmen. Ausgehend von den Prinzipien der Agilität analysieren die Autoren die damit verbundenen Herausforderungen für Führungskräfte. Der Beitrag verdeutlicht, dass agile Organisationsformen einen fundamentalen Perspektivwechsel im Führungsverständnis erfordern.
Agilität als Leitparadigma moderner Unternehmen
Eingangs skizzieren die Autoren die wachsende Bedeutung von Agilität als Leitbild für innovative Unternehmensführung. Agilität zielt darauf ab, Firmen durch dezentrale Strukturen, flache Hierarchien und selbstorganisierte Teams anpassungsfähiger für dynamische Märkte zu machen. Der Fokus liegt auf Iteration, schnellem Kundenfeedback und kontinuierlicher Verbesserung.
Führungskräfte sind mit veränderten Anforderungen konfrontiert
Mit der Agilisierung sind laut den Autoren völlig neue Anforderungen an Führungskräfte verbunden. Da agile Methoden wie Scrum oder Design Thinking auf Selbstorganisation setzen, werden traditionelle Führungsinstrumente wie Anweisungen, Kontrolle und Entscheidungsmacht obsolet. Stattdessen sind moderierende, coachende und befähigende Führungsaufgaben gefragt.
Herausforderung des geteilten Führungsanspruchs
In agilen Unternehmen müssen sich Manager dem Leitbild der “dienenden Führung” stellen und Verantwortlichkeiten mit Teams und Mitarbeitenden teilen. Dieser Perspektivwechsel hin zur kooperativen Führung “auf Augenhöhe” stellt eine große Herausforderung für etablierte Führungskräfte dar, die Statusverlust und Kontrollverzicht fürchten.
Veränderte Kernkompetenzen sind erforderlich
Laut den Autoren sind für agile Führung gänzlich andere Kernkompetenzen als bisher entscheidend. An die Stelle von Fachwissen und fachlicher Autorität treten verstärkt kommunikative und soziale Fähigkeiten wie Zuhören, Einfühlungsvermögen, Konfliktmanagement und Kooperation. Agile Führung heißt vor allem, Teams zu entwickeln, Potenziale zu fördern und Selbstorganisation zu ermöglichen.
Fokus auf direkte Teamarbeit und Lernbereitschaft
Ein Schwerpunkt agiler Führung liegt in der konkreten Teamarbeit. Die Autoren betonen die Bedeutung eines vertrauensvollen Miteinanders, psychologischer Sicherheit und gegenseitiger Wertschätzung. Um dies zu kultivieren, sind stete Selbstreflexion, rollenflexibles Verhalten und die Bereitschaft zum kontinuierlichen Lernen seitens der Führung unabdingbar.
Chancen der persönlichen Weiterentwicklung
Trotz des Kontrollverlustes bietet agile Führung laut dem Paper auch Chancen für Führungskräfte. Sie können über die enge Zusammenarbeit im Team ganz neue persönliche Stärken entwickeln und ihre Rolle weit über einen engen Status quo hinaus erweitern. Insofern ermöglicht Agilität auch ein selbstbestimmteres und freieres Führungshandeln.
Konstruktiver Umgang mit Widerständen ist entscheidend
Allerdings, so die Autoren, ist aufgrund des radikalen Bruchs mit alten Denkmustern mit teils heftigen Widerständen von Führungskräften zu rechnen. Sie bangen um Einflussverlust und Karrierechancen. Hier komme es darauf an, Ängste und Skepsis ernst zu nehmen und durch zielgruppengerechte Kommunikation und Qualifizierung für die agile Transformation zu gewinnen.
Umfassende Vorbereitung ist unverzichtbar
Insgesamt wird in dem Paper sehr deutlich, dass agile Organisationskonzepte eine fundamentale Neuorientierung für Führungskräfte bedeuten. Ohne gezielte Vorbereitung und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten könne dies nicht gelingen. Führungskräfte müssen für die veränderten Anforderungen fit gemacht und in einem längeren Lernprozess begleitet werden.
Literatur:
Möller, Heide/Giernalczyk, Thomas (2021): New Leadership – Führen in agilen Unternehmen, in: Organisationsberat Superv Coach(29), S. 51–66. https://doi.org/10.1007/s11613-021-00741-4